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Verkehrswende mit Bussen
Foto: André Chrost

Verkehrswende mit Bussen

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Jakob Surkemper

Die Vestische will ihr Angebot deutlich ausweiten. Das sei wichtiger als die Frage des Verkehrsmittels, der Antriebsart oder des Tarifs, sagt die Geschäftsführung.

Elektro- und Wasserstoffbusse, 365-Euro-Jahresticket oder komplett kostenlose Nutzung des öffentlichen Personen­nahverkehrs (ÖPNV) – es kursieren viele Vorschläge, um mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Für Martin Schmidt, Geschäftsführer der Vestischen Straßenbahnen GmbH, steht fest: Vor allem das Angebot muss stimmen – heißt: schnell und kom­fortabel von A nach B gelangen. „Kein Mensch lässt sein Auto stehen, nur weil wir Batterie- oder Wasserstoff- statt Dieselbusse einsetzen.“ Ohnehin sei der Diesel deutlich besser als sein Ruf – erst recht, weil zunehmend Euro-VI-Busse zum Einsatz kommen, die mit synthetischen Kraftstoffen sogar klimaneutral fahren können und mehr Feinstaub aus der Luft filtern, als sie selbst erzeugen.

Schnellere Schnellbusse

So setzt das lokale Verkehrsunternehmen vor allem auf den Ausbau und die Beschleunigung seiner Schnellbusslinien (SB) sowie die Erhöhung von Taktfrequenzen. Die ersten Schritte sind eingeleitet: Der SB 25 von Dorsten über Marl nach Recklinghausen fährt seit Jahresbeginn im 15- statt im 30-Minuten-Takt. Mit dem SB 49 war zuvor bereits eine neue Verbindung von Recklinghausen über Herten nach GE-Resse und -Buer und mit dem S 91 von Datteln ins Münsterland entstanden.

Vestische-Geschäftsführer Martin Schmidt setzt bei der Verkehrswende weiter auch auf moderne Dieselbusse. | Foto: André Chrost

Takterhöhungen und Beschleunigungen sind zunächst für den SB 49 sowie den SB24 von Recklinghausen nach Dortmund-Mengede geplant. Dazu hat die Vestische Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, die durch eigene Busspuren und verbesserte Ampelschaltungen eine Zeitersparnis von bis zu 25 Prozent vorhersagen.

Neue „X-Busse“

Last but not least hat der der VRR ein regionales Schnellbusnetz entwickelt, das unter anderem schnellere Anbindungen der Unistandorte Bochum und Dortmund mit sogenannten X-Buslinien ermöglicht. Der X 57 könnte etwa Marl, Herten und Herne, der X 60 Datteln, Castrop-Rauxel und Bochum und der X 79 Castrop-Rauxel, die Uni Dortmund und Witten verbinden. Als erste könnte nach Ansicht der Vestischen-Geschäfts­führung die Schnellbuslinie X 13 von Datteln über Waltrop zum Technologiepark und zur Universität Dortmund kommen. „Wir sprechen hier von einem Zeithorizont von rund einem Jahr“, sagt Vestische-Prokurist Holger Becker und weist damit zugleich auf einen deutlichen Vorteil von Busverbindungen gegenüber dem Schienenverkehr hin, wo neue Linien einen Vorlauf von zehn oder mehr Jahren be­nötigen. Allerdings stoßen einige Buslinien auch an Grenzen – wie der SB 20 von Recklinghausen nach Herne, der bereits im Zehnminutentakt verkehrt und auf der dichtbesiedelten, hochausgelasteten Strecke kaum Beschleunigungspotenzial hat. Hier sei eine neue Zugverbindung von Recklinghausen nach Bochum sinnvoll, räumt Prokurist Holger Becker ein, zumal diese schneller kommen könnte, weil Gleise bereits liegen und keine neuen Bahnhöfe benötigt werden.

Musterbeispiel Metz

Wie ein attraktives Nahverkehrssystem innerhalb weniger Jahre nur auf der Grundlage von Busverbindungen funktionieren kann, zeigt die französische Metropolregion Metz, die der Aufsichtsrat der Vestischen 2019 besuchte. Dort wurden neue Busverbindungen mithilfe von großen Doppelgelenk­bussen, den sogenannten METTIS, geschaffen, die zu Stoßzeiten im Fünfminutentakt auf großenteils eigenen Busspuren verkehren und an Ampeln Vorrang vor dem Individualverkehr haben. Binnen fünf Jahren verbuchte die Stadt so Fahrgastzuwächse von rund 60 Prozent.

"Kaum jemand lässt für einen E-Bus sein Auto stehen", so Martin Schmidt | Foto: André Chrost

Umdenken bei der Politik

Hierzulande erscheinen selbst die angepeilten 30 Prozent ambitioniert. „Letztlich ist alles eine Frage des Geldes“, so Schmidt. Immerhin gab es in den letzten Jahren mehr Zugeständnisse auch finanzieller Art von der Lokalpolitik. So beschloss der Kreis mit dem Vestischen Klimapakt zusätzliche Mittel von jährlich 500.000 Euro für eine Ausweitung des Angebots. Mit weiteren 100.000 Euro bezuschusst er die Tickets für Auszubildende. Deutlich mehr Geld soll dann ab 2022 fließen: Der Aufsichtsrat der Vestischen, in dem der Kreis Recklinghausen sowie die Städte Bottrop und Gelsenkirchen als Gesellschafter sitzen, hat im Sommer 2020 jährlich 7,2 Millionen Euro zusätzlich zugesichert. Damit sollen die Busse der Vestischen weitere 2,6 Millionen Kilometer jährlich zurücklegen; derzeit sind es knapp 20 Millionen – eine Steigerung von gut 13 Prozent. Außerdem soll das Geld für die Anschaffung von 120 neuen Bussen mit Euro-VI-Norm und fünf Wasserstoffbussen bis 2025 verwendet werden. Denn auch bei der sogenannten Antriebswende will die Vestische mit­mischen. 

Info
Vestische Straßenbahnen GmbH

Westerholter Straße 550
45701 Herten

02366 186 0
www.vestische.de

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